Bildquelle: Combat Drohne von Paul Fleet (Adobe Stock)

Hinweis: Der nachfolgende Text erschien zunächst auf Infosperber.ch, einer journalistischen Online-Zeitung aus der Schweiz. Auch Der-Demokratieblog bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum und unterstützt deshalb die Vielfalt alternativer Medien!

Der US-Drohnenkrieg geht weiter

Donald Trump scheut meist keine Mühe, die Politik seines Vorgängers ungeschehen zu machen – mit einer folgenschweren Ausnahme

05. Dezember 2018

von Daniela Gschweng

Wurde Barack Obama im Drohnenkrieg noch genau auf die Finger geschaut, ist es unter Trump still geworden um die umstrittene Tötung aus der Ferne. Dabei geht der Drohnenkrieg der USA unvermindert weiter. Es gibt sogar Anzeichen, dass er sich intensiviert.

Seit Beginn seiner Amtszeit hat Trump im Jemen, in Pakistan und Somalia, wo die USA nicht offiziell Krieg führen, 238 Drohnenangriffe abgesegnet, pro Jahr knapp doppelt so viele, wie sein Vorgänger 2016 in denselben Ländern befohlen hatte. Diese Zahlen stammen vom U.S. Central Command (CENTCOM) und wurden vom «Bureau of Investigative Journalism» (TBIJ) bestätigt.

Mehr als die Hälfte davon, nämlich 129 Drohnenangriffe, zählte das TBIJ 2017 im Jemen, den Grossteil davon in den Monaten März und April, kurz nach Trumps Amtsantritt. Im Jahr davor waren es noch 36 gewesen, listet die Website «The Daily Beast» auf. (Leicht abweichende Zahlen präsentiert das TBIJ, es nennt 40 Angriffe in 2016. Die Differenz ist unerheblich.)

Nicht alle Drohnenangriffe trafen Al-Kaida. Unter den mindestens 181 Todesopfern befanden sich nach der Datenbank des TBIJ mindestens 33 Zivilisten, ein Drittel davon Kinder. Die bereits unter Obama umstrittenen Richtlinien zur Genehmigung tödlicher Drohnenmissionen seien unter Trump nochmals gelockert worden, vermutet «The Daily Beast» als Ursache für den steilen Anstieg und bezieht sich auf Anti-Terror-Experten aus US-Regierungskreisen.

Noch immer sterben viele Unschuldige

Das TBIJ, das Drohnenangriffe seit mehreren Jahren monitort, führt derzeit eine Recherche namens «Shadow Wars». Neben Afghanistan untersucht die stiftungsfinanzierte Non-Profit-Organisation, wo es in den inoffiziellen Kriegsgebieten Pakistan, Somalia und Jemen Drohnenangriffe der USA gab und verfolgt soweit möglich, wie viele Opfer sie fordern. Die Ergebnisse dieser Recherche trägt sie in einer Datenbank zusammen, die online zugänglich ist.

In sogenannten «Signature Strikes» sollen durch Drohnenangriffe Terroristen auch ausserhalb von Kriegsgebieten gezielt getötet werden. Wer die Getöteten sind, bleibt oft im Dunkeln, genauso, ob sie überhaupt bewaffnet waren. Unschuldige Opfer werden oft als «feindliche Kämpfer» gezählt, wenn nicht Journalisten, Nichtregierungsorganisationen oder andere Regierungen intervenieren (Infosperber «Im Drohnenkrieg der USA gilt die Schuldvermutung»). US-Drohnenangriffe, auch das ist der Datenbank zu entnehmen, sind relativ sicher tödlich. Gemäss TBIJ gab es 2017 im Jemen zwar mindestens 181 Tote, aber nur 12 bis 13 Verletzte.

Hunderte bis Tausende Drohneneinsätze in Kriegsgebieten

Das jedoch ist nur ein kleiner Teil. Die weitaus meisten Einsätze unbemannter Drohnen wurden im Irak, in Syrien und Afghanistan geflogen, wo die USA offiziell Krieg führen. Die TBIJ-Datenbank listet für dieses Jahr bis Ende November mehr als 1‘000 Angriffe allein in Afghanistan auf. Auch diese Zahlen sind das Ergebnis von ausführlicher Recherchearbeit. Die Informationslage, das beklagen auch andere Organisationen, habe sich in den letzten Jahren sehr verschlechtert. Das US-Militär sei zunehmend intransparent.

Darüber, welche Luftangriffe der US-Armee mit Drohen durchgeführt werden, gebe es keine genauen offiziellen Angaben, bedauert beispielsweise Chris Wood, Leiter der britischen Organisation «Airwars» gegenüber «The Daily Beast». «Airwars» verfolgt den Luftkrieg in Konfliktzonen wie Irak und Syrien anhand öffentlich zugänglicher Quellen und versucht nachzuvollziehen, welche Konfliktpartei Angriffe fliegt.

Kein Ende in Sicht

Insgesamt seien die USA jedoch nur zu einer begrenzten Anzahl von Drohnenschlägen pro Jahr in der Lage, sagt Woods. Einen Anhaltspunkt geben die US-Militärausgaben für «Hellfire» Raketen, die von den Drohnen aus abgeschossen werden. Zum Ende der Regierungszeit Obamas stiegen diese kurzfristig an, weil das US-Verteidigungsministerium aufstockte, um dem Aufstieg des IS in Syrien und im Irak entgegenzuwirken. Unter der Trump-Administration sind die «Hellfire»-Ausgaben 2017 nochmals um 63 Prozent gestiegen, obwohl sich die Kriege im Irak und in Syrien eher beruhigt haben. Die jüngste Budget-Anforderung enthält nochmals eine Steigerung um 20 Prozent. Ein Anzeichen dafür, dass der Drohnenkrieg sich eher intensiviert. Bisher, sagt Woods, gebe es dafür aber noch keine Beweise.

Besorgniserregend ist aus Sicht von «Airwars» und des «Bureau of Investigative Journalism» die Zunahme der Gebäudebombardierungen, ob sie bemannt oder unbemannt durchgeführt werden. In Afghanistan haben die USA allein im Oktober 66 Gebäude zerstört – mehr als zwei pro Tag. Das schreiben die TBIJ-Journalistinnen Jessica Purkiss und Abigail Fielding-Smith im Forum «Just Security». Im Einzelfall koste das vielen Zivilisten das Leben. Die Vereinten Nationen zeigten sich bereits Anfang Oktober besorgt über die hohe Zahl der zivilen Opfer.

Daniela Gschweng

ist freie Journalistin und schreibt mitunter für den Infosperber, die TagesWoche und die Badische Zeitung.

 

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